Jeder, der einmal als Moderatorin oder Moderator auf einer Bühne stand, kennt diese Angst davor, dass jemand die Veranstaltung stören könnte. Alles läuft prima – und dann passiert etwas, das man beim besten Willen nicht voraussehen konnte.

Ich verwende vier verschiedene Methoden, um auf eine solche Störung zu reagieren. Bei den ersten beiden reagiere ich passiv und bei den anderen beiden gehe ich in die aktive Reaktion.

1. Ignorieren der Störung

Die wichtigste Regel beim Ignorieren lautet: Stört das Ereignis nur mich, dann ignorieren, stört es auch andere, dann reagieren. Mehr dazu finden Sie in meinem Artikel „Wie man schlagfertig und charmant mit Störungen umgeht“.

2. Anerkennen der Störung

Gehen wir einmal von dem Fall aus, dass Gäste zur Ihrer Präsentation zu spät kommen oder früher gehen müssen. Dann sollten Sie diese Störung tolerieren. Tolerieren bedeutet hier: Ich finde diese Störung zwar nicht toll, das steckt ja bereits im Wort, rege mich aber auch nicht darüber auf. Ich kommentiere sie regungslos.

Ein weiteres Beispiel aus meinem Moderationsschatz der letzten Jahre: Ich moderiere seit vielen Jahren für einen Lebensmittelkonzern Kochshows auf Gastronomiemessen. Unsere Gäste sitzen zum Teil direkt vor der Bühne auf circa zehn Barhockern oder stehen dicht gedrängt dahinter. Manchmal kommt es vor, dass Sitzplatz-Gäste vorzeitig die 15minütige Show verlassen. Somit haben wir plötzlich leere Plätze in der ersten Reihe, die dann spontan nicht aufgefüllt und neu besetzt werden. Ich toleriere das Verhalten der Gäste und bitte andere Gäste, diese neuen freien Plätze einzunehmen. Ich nehme die vermeintliche Störung wahr, lasse mich aber nicht aus dem Konzept bringen.

Einen ähnlichen Fall einer offensichtlichen Störung habe ich einmal bei einer Moderation für eine große IT Firma erlebt. Der amerikanische CEO hielt gerade eine Rede vor über 700 Kunden, als auf einmal im kompletten Saal das Licht anging. Der CEO machte ungerührt weiter. Als nach einer Minute immer noch die ganze Location hell erleuchtet war, kommentierte er das folgendermaßen: “Is someone leaning at the switch panel?”, sinngemäß übersetzt, „lehnt jemand an den Lichtschaltern?“ Das Ergebnis: Großes Gelächter im ganzen Saal. Was hatte der schlagfertige amerikanische CEO gemacht? Er tolerierte die Situation und kommentierte, ohne jemanden dabei persönlich anzugreifen.

Es gibt aber auch Störungen, die unmöglich zu ignorieren sind oder Störungen, die perfekt ins Programm passen, die man integriert oder bei denen man in die Konfrontation geht. Wieder gibt es zwei Möglichkeiten: Integrieren oder Konfrontieren.

3. Einbinden der Störung

Zwischen 2003 und 2008 habe ich so genannte Warm-Upps für das Fernsehen gemacht. Dabei waren meine Aufgaben zum einen, die Studiogäste auf Betriebstemperatur zu bringen und zum anderen, bei Zwischenfällen und technischen Pannen – es gab viele Zwischenfälle und technische Pannen – weiterhin für gute Stimmung zu sorgen.

Bei Sendungen, die aufgezeichnet wurden, gab es oft Abbrüche, d. h. die Sendung wurde aus verschiedenen Gründen gestoppt. In so einem Augenblick verließen meist der Moderator und die Gäste das Aufnahmestudio, die Kameraleute und Techniker stellten ihren Dienst ein und ich musste für das Publikum überbrücken. Oft wusste ich nicht, wie lange die Unterbrechung dauerte. Das konnten drei oder auch 45 Minuten sein. Meine Aufgabe war es dann, das Publikum bei Laune zu halten, die vermeintliche Störung zu erklären und mögliche negative Stimmungen aufzufangen.

Dabei beschrieb ich dem Publikum genau, was im Augenblick geschieht. Wenn zum Beispiel eine durchgebrannte Studiolampe repariert werden musste, begann ich, einen inneren Monolog über die Situation zu führen. Natürlich hielt ich diesen Monolog laut, so als ob ich Selbstgespräche führte. Ich beschrieb alles genau, wie bei einem Gemälde. Wie die Techniker kommen und sich fühlen, wie sich die durchgebrannte Lampe jetzt fühlt, … . Dabei ließ ich mich von meinen Gefühlen in dieser konkreten Situation und von meinen Assoziationen treiben. Meistens kam es dann ziemlich schnell zu Lachern im Publikum. Mit diesen Reaktionen konnte ich dann sofort weiterarbeiten.

4. Konfrontieren des Störers

Das größte Geschenk, das Sie mir als Comedian machen können, ist es, während meines Auftritts irgendwie außergewöhnlich zu reagieren. Gehen Sie auf die Toilette, lachen Sie zu laut, kommen Sie zu spät, gehen Sie zu früh, bekommen Sie einen Anruf. Wenn ich im Comedy-Störungsmodus bin, sind mir Freund und Feind egal. Hauptsache die Pointe sitzt und die Lacher stimmen. Ich kommentiere alles süffisant und ziele oft in Richtung Gürtellinie.

Im Comedy-Störungsmodus bekommen Sie am schnellsten und effektivsten Lacher, können aber auch Ihr Publikum am meistens verletzen. Sie bedienen sich der Opferkomik. Ganz nach dem Motto. Einer leidet, 99 lachen.

Ein Tipp des Comedians heißt also: Konfrontieren Sie den Störer und denken Sie daran: Sie sind lauter!

Als Moderator und Impro-Spieler arbeite ich gerne bei Präsentationen und Störungen lieber mit Running Gags. Ich nenne das auch „Anker werfen“. Kommt zum Beispiel der Zwischenruf eines Zuschauers, folgt ein kurzer Kommentar von meiner Seite, der im besten Fall vom Publikum mit einem Lacher quittiert wird. Erster Gag installiert. Ich personalisiere den Zuschauer mit seiner Störung oder seiner Frage: „Aha, die Dame oder der Herr, der sich mit dem Thema xy auseinandersetzt.“ Ich bilde mit ihm eine Kleingruppe, suche mir einen Verbündeten. Falls es später zu der nächsten Störung kommt, dann kann ich wieder auf meinen Verbündeten zurückgreifen und ihn und Rat fragen. Oder ich lasse diese beiden eine Kleingruppe bilden, indem ich sie verbinde, z. B. mit dem Satz: „Aha, heute ist anscheinend das Treffen der anonymen Zwischenrufer.“

Ausprobieren geht über Studieren

Probieren Sie einfach alles einmal aus – von der sensiblen Warm-Upper-Lösung bis hin zur Hau-Drauf-Methode der Comedians. Dabei wünsche ich Ihnen viel Spaß!

Aus: Sabine Asgodom (Hrsg.): Die besten Ideen für mehr Humor. Erfolgreiche Speaker verraten ihre besten Konzepte und geben Impulse für die Praxis. Offenbach: GABAL, 2013

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