Sprechen ist für uns meist etwas ganz Selbstverständliches – dass sich beim Sprechen auch Fehler einschleichen können, die Stimmstörungen hervorrufen, ist den wenigsten bewusst. Beatrice Rathey-Pötzke ist Logopädin in Kiel und erklärt in diesem Interview, was die häufigsten Sprechfehler sind und wie man sie verhindern kann. Was sind typische Fehler beim Sprechen…

Sprechen ist für uns meist etwas ganz Selbstverständliches – dass sich beim Sprechen auch Fehler einschleichen können, die Stimmstörungen hervorrufen, ist den wenigsten bewusst. Beatrice Rathey-Pötzke ist Logopädin in Kiel und erklärt in diesem Interview, was die häufigsten Sprechfehler sind und wie man sie verhindern kann.

Was sind typische Fehler beim Sprechen?

Ein typischer Fehler ist es, mit zu viel Anstrengung in die Stimmgebung zu gehen. Das passiert besonders häufig nach Infekten, beispielsweise nach einer Erkältung, denn durch die geschwollene Schleimhaut und die vermehrte Schleimbildung sind wir beeinträchtigt.

Ein weiterer häufig zu beobachtender Fehler ist die Schnappatmung, eine Atmung, die mit zu viel Kraftaufwand vollzogen wird. Das Einatmen ist dabei deutlich hörbar und in der Regel werden die Brust- bzw. die Zwischenrippenmuskulatur und teilweise sogar die Schultermuskulatur eingesetzt, die eigentlich nur als Hilfsmuskulatur für die Atmung dienen. Eine optimale Sprechatmung hingegen soll ganz mühelos erfolgen.

Wie kann man Fehler beim Sprechen verhindern?

Man sollte ein Bewusstsein für Körper, Atmung und Körperspannung entwickeln und so ein eutones Spannungsmuster erreichen. Euton bedeutet, dass genau so viel Spannung aufgewendet wird, wie es für die Sprechsituation nötig ist. Eine gute Atmung ist die Basis für gutes Sprechen.

Das Problem: Viele Patienten kommen erst in die Praxis, wenn die Probleme (z. B. Heiserkeit) schon sehr ausgeprägt sind und möglicherweise ein normales Ausüben des (Sprech-)berufs schon gar nicht mehr möglich ist. Sie wünschen sich dann eine schnelle Lösung dafür. Es kann jedoch durchaus länger dauern, bis diese Probleme behoben sind, da viele Aspekte verändert und umgesetzt werden müssen und sich Fehl-Muster meist auch über einen langen Zeitraum eingeschlichen haben. Gerade für Berufssprecher ist auch präventives Arbeiten sinnvoll, z. B. in Form von Atemübungen unter Anleitung, die dann in den Alltag integriert werden können.

Wie kann man das üben?

Am besten wird unter Anleitung geübt, herauszufinden, wo die Atmung spürbar wird und welchen Atemrhythmus man hat. So können wir ein Bewusstsein dafür entwickeln, wie Atmung und Sprechen zusammen hängen: Wir sprechen, während wir ausatmen.

Was kann die Stimme verändern?

Wenn es, beispielsweise durch das Rauchen, zu einer Ödembildung kommt, verändert sich auch die Stimme. Die Stimmlippen sind eigentlich ein zarter Muskel, der von Gewebe überzogen ist. Durch Ödeme erhalten sie viel mehr Masse und das verändert den Klang. Man kann sich das vorstellen wie bei einer Gitarrensaite, an der ein Fremdkörper anhaftet. Wird die Saite gezupft, entsteht ein schepperndes Geräusch.

Auch organische Veränderungen, etwa Polypen oder Knötchen können die Stimme verändern. Allerdings entstehen diese meist durch eine Überlastung der Stimme, beispielsweise wenn dauerhaft zu hoch oder zu laut gesprochen wird. An der Stelle, wo die Amplitude der Schwingung besonders hoch ist, können sich Veränderungen auf den Stimmlippen bilden, die man sich wie eine Art unerwünschte Hornhaut vorstellen kann, was wiederum dazu führt, dass der Klang rau wird. Dies könnte durch Sprechen mit zu hoher Stimme passieren oder durch zu viel Druck, der auf das System ausgeübt wird. Wer beispielsweise laut spricht, sollte das auch körperlich, durch die Atemmuskulatur, gut unterstützen. Passiert das nicht, können Schleimhaut und Gewebe nicht mehr elastisch schwingen und es entsteht kein klarer resonanzreicher Stimmklang.

Seelische Belastungen können sich in der Stimme manifestieren. Unsere Stimme verändert sich, wenn wir bedrückt oder traurig sind. Oft erkennen wir bei vertrauten Personen allein am Stimmklang, dass etwas nicht in Ordnung ist. Stimme und Stimmung sind eng verbunden.

Die Stimme verändert sich ferner im Alter. Der ganze Körper wird im Alter weicher und schlaffer und Drüsentätigkeit lässt nach – davon ist auch die Stimme betroffen. Es kommt aber auch immer darauf an, wie die Stimme genutzt wird. Viele Sänger beispielsweise trainieren ihre Stimme optimal und bringen dadurch teilweise auch in hohem Alter noch hohe Stimmleistung. Andere verlieren Stimmkraft und Stimmvolumen, Frauen häufig nach den Wechseljahren. Man kann jedoch den natürlichen physiologischen Prozessen entgegen wirken, etwa durch Singen im Chor (auf einen schonenden Umgang mit der Stimme, inkl. Warming-up achten!) oder durch professionelle Anleitung. Auch hier spielt der Lebenswandel eine große Rolle: Viel Bewegung trainiert die Atmung und Elastizität und viel trinken hält die Schleimhaut feucht.

Gibt es Menschen, die nicht in ihrer natürlichen Sprechstimme sprechen?

Manchmal muss man erst unter Anleitung herausfinden, welche Stimme die natürliche Stimmlage ist und dann gegebenenfalls noch einige Bereiche modulieren, zum Beispiel Haltung, Artikulation, Körperspannung.

Beatrice Rathey-Pötzke ist Schulleiterin Schule für Logopädie (http://www.logopaedieschule-kiel.de/das-team). Das Interview mit ihr führte die Redaktion der R&P Medizin News im Auftrag von GeloRevoice.

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