Trends, Charisma und besondere Menschen
Es ist Zeit, zurückzuschauen: Auf besondere Menschen im vergangenen Jahr, aktuelle Trends und 15 Jahre Moderatorenschule Baden-Württemberg. Im Weihnachtsinterview erzählt Nicole Krieger von Freiheit, KI und was junge Menschen in Sachen Kommunikation immer mehr verlernen.
Pamela Grether, Newsletter-Redaktion: Nicole, wofür bist du in diesem Jahr besonders dankbar?
Nicole Krieger: Nicht nur dieses Jahr, aber vielleicht dieses Jahr ganz besonders: Ich bin dankbar, dass ich in einer Demokratie leben darf. Wir feiern dieses Jahr 35 Jahre friedliche Revolution und 75 Jahre Grundgesetz und das ist für mich als in Ost-Deutschland Aufgewachsene ein ganz besonderes Jahr. Als Jugendliche war es für mich undenkbar, der eigenen Berufung nachzugehen, sogar ein Unternehmen zu gründen. Ich fühle im Alltag oft kurze Momente der Dankbarkeit für die Freiheit, die wir haben: Meinungsfreiheit, frei entscheiden und leben zu können. Natürlich bin ich auch dankbar für die Erfolge, die wir dieses Jahr in der Moderatorenschule gefeiert haben: Wir haben wieder zahlreiche Persönlichkeiten bei ihren Auftritten begleitet, 20.000 YouTube-Zuschauer haben unseren Kanal abonniert, unsere Videos haben dieses Jahr die magische Zahl von Millionen Views erreicht.
PG: Was waren für dich in diesem Jahr DIE Trends in Sachen Moderation und Kommunikation?
NK: KI hat in diesem Jahr richtig Fahrt aufgenommen. Das ist sicher der wichtigste Trend des Jahres. Ich werde in jedem Seminar gefragt, was kann die KI in Sachen Moderation oder Präsentation übernehmen. Wir sehen mittlerweile bereits Sprachmodelle, die enorm ausgereift sind. Als Zuhörerin kann ich nicht mehr unterscheiden, ob ich im Audio eine KI-Stimme oder eine menschliche Stimme höre. Bei Video sehe ich bei genauerem hinschauen immer noch den Unterschied. Aber auch hier wird die Technologie immer ausgereifter.
PG: Aber braucht es denn dann noch Menschen, die vor Publikum sprechen?
NK: Zum Glück. Für jede Art von zwischenmenschlicher Kommunikation und Moderation auf der Bühne oder Präsentation braucht es nach wie vor und glücklicherweise uns Menschen. Keine KI kann die Stimmung unter den Zuhörenden beurteilen und dann im Moment des Sprechens darauf eingehen. Das kann keine KI so empathisch wie wir. Von daher ist es gut, wenn man sich in Kommunikation schult. Für konzeptionelle Aufgaben kann die KI aber durchaus eine gute Unterstützung sein. Aber nur, wenn der Redner auch weiß, wie eine gute Moderation oder Präsentation geht.
PG: Wie schaffst du es selbst, im Business up to date zu bleiben?
NK: Ich bin Teil einer lebendigen Community aus Kolleg:innen. Wenn es um Trainingsthemen geht, tauschen wir uns im Team regelmäßig aus. Außerdem engagiere ich mich ehrenamtlich in der German Speakers Assosiation, wo ich die Professional Expert Group Moderation leite und mit anderen Speakern und Moderatorinnen im Austausch bin. Und dann reise ich auf internationale Konferenzen und schaue mir an, was die Trends in Sachen Kommunikation und Public Speaking sind. Dieses Jahr war ich in Asien und habe mich dort mit Kollegen ausgetauscht und neue Ideen mitgebracht.
PG: Da kommt ja eine Generation nach, denen das digitale Endgerät schon in die Wiege gelegt wird, im wahrsten Sinne des Wortes. Bereits Grundschulkinder testen Videoformate, nehmen sich selbst auf, probieren aus und werden über learning by doing zu kleinen Experten, wie sie sich vor der Kamera darstellen können. Brauchen wir zukünftig gar keine Weiterbildung mehr im Bereich Kommunikation und öffentlichem Sprechen?
NK: Nein, im Gegenteil – Social Media ist die reine Inszenierung. Natürlich tun sich die Jugendlichen und jungen Berufstätigen leichter, was das Sprechen vor der Kamera angeht. Gleichzeitig merke ich, wie die Fähigkeit gut zu kommunizieren enorm abgenommen hat. Das Zuhören können, das Verstehen wollen, aber auch das Ausdrücken des eigenen Standpunktes ist etwas, das wir für gelingende Beziehungen (beruflich und privat) nach wie vor brauchen und das gelernt werden muss. Und das brauchen wir auch, wenn wir vor Publikum sprechen bei Vorträgen oder Reden. Da geht es ja erst einmal darum, nicht zu oder über Menschen zu sprechen, sondern mit Menschen. Das Prinzip haben viele noch nicht verstanden. Und das wird leider auch nicht in der Schule unterrichtet. Was ich für ein großes Versäumnis halte. Als Weiterbildungsinstitut werden wir da auch in Zukunft jede Menge zu tun haben.
PG: Braucht man denn heute noch Charisma im Job, um erfolgreich zu sein oder muss man nur möglichst schnell und viel kommunizieren?
NK: Charisma ist generell die Voraussetzung, um Wirkung auf andere zu erzeugen. Und damit kann ich viel Positives, aber auch eben Negatives bewirken. Das sehen wir in der Politik. Und dieses Prinzip ist übertragbar aufs Business. Charisma schafft Wirkung. Wie das funktioniert, kannst du überprüfen, indem du dich mal fragst, an welche Menschen du dich erinnerst. An die Langweiler sicher nicht.
PG: Ja, das stimmt. Welche Menschen haben dich in diesem Jahr denn besonders beeindruckt – sowohl auf als auch jenseits der Bühne?
NK: Ganz viele Menschen. Und das sind nicht immer Menschen des öffentlichen Lebens. Da ist die junge Aktivistin und Klimajournalistin Louisa Schneider, der ich auf einer Veranstaltung zuhörte und ihr direkt danach sagte: Du bist großartig! Mach weiter so. In der Politik: Kamala Harris bei ihrer Antrittsrede. Ich hatte sie vorher noch nicht als Rednerin wahrgenommen. Sie spricht und tritt sehr überzeugend auf, auch wenn es am Ende nicht für sie gereicht hat. Und ansonsten die ganz vielen Menschen, die bei mir im Seminar sind und es schaffen, ihre Persönlichkeit mit der Kompetenz des Sprechens zu verbinden und damit ihre ganz persönliche Wirkung auf mich entfalten können.
PG: Die Moderatorenschule Baden-Württemberg wird im kommenden Jahr 15 Jahre alt. Wie hast du diese Zeit erlebt?
NK: Aufregend. Wenn ich mich daran erinnere, mit welcher Idee ich gestartet bin, kann ich sagen, ich bin dieser Idee immer noch treu. Ich wollte damals eine Weiterbildungsinstitution schaffen, die offen ist für alle Berufsgruppen, die praxisnah reden, präsentieren und moderieren lernen wollen – in einer Form, die ich mir als junge Moderatorin immer selbst gewünscht hatte: praxisnah, in Kleingruppen, mit individuellem Coaching. Das hat sich kein bisschen verändert. Ich sehe uns als Wachstumsbeschleuniger und Potenzialentfalter. Ich habe die letzten 15 Jahre als große Bereicherung erlebt, so viele Menschen bei ihrer Entwicklung begleiten zu dürfen – und auch zu sehen, was ein kleines Training bewirken kann. Kürzlich schrieb mir eine Frau, die vor über zehn Jahren bei mir trainiert hat, um mir zu sagen, wie wertvoll die Gastgeber-Methode noch heute für sie ist. Das ist doch wunderbar. Wir haben auch im Großen viel bewegt, weil wir die Menschen trainieren, die die Botschaften in ihren Reden, Vorträgen und Moderationen in die Welt tragen.
PG: Und was hat sich in den vergangenen 15 Jahren verändert?
NK: Im ersten Jahr hatten wir vier verschiedene Seminar-Themen und ca. zwölf Veranstaltungen. In diesem Jahr haben wir ca. 30 verschiedene Themen und mehrere 100 Veranstaltungen rund um überzeugende Kommunikation im Business und beim öffentlichen Auftritt. In unserem schönen Seminarzentrum finden die offenen Kurse statt, zu denen sich jeder frei anmelden kann. Unsere Trainer sind europaweit in Unternehmen und Organisationen zu Gast bei Inhouse-Fortbildungen für die Mitarbeitenden. Das heißt wir sind sehr gewachsen.
PG: Erzähl mal, was ist für das Jubiläumsjahr geplant?
NK: Wir werden in unseren Social Media Kanälen (bei LinkedIn und Youtube) im Jubiläumsjahr immer wieder zurück schauen auf die letzten 15 Jahre und die besonderen Ereignisse, die es gab. Wir werden ein paar Fotos und Videoschnipsel zusammensuchen. Das wird sicher lustig. Wir werden natürlich mit unseren Klienten feiern. Mehr verrate ich aber noch nicht. Darüber werden wir im Newsletter rechtzeitig berichten.