Ein Interview der Moderatorenschule Baden-Württemberg mit Moderator, Trainer und Buchautor Ralf Schmitt.
Wer öfter vor Publikum spricht, weiß: Kein Auftritt lässt sich zu 100 Prozent planen. Fast immer kommt es anders als wir bei unserer Vorbereitung denken. Mal läuft die Präsentation nicht rund, oder das Mikrophon fällt aus. Ein anderes Mal geht das Publikum nicht mit, möglicherweise gibt es sogar einen Störer. Das beste Rede-Manuskript und das brillanteste Moderationskonzept sind für die Katz, wenn wir nicht spontan und schlagfertig reagieren.
Kann man das lernen? Ja, sagt Moderator, Trainer und Buchautor Ralf Schmitt. Wie das geht, beschreibt er in seinem Buch: „Ich bin total spontan – wenn man mir rechtzeitig Bescheid gibt.“ Die Moderatorenschule Baden-Württemberg hat mit ihm gesprochen und ihm ein paar Tricks entlockt.
Moderatorenschule Baden-Württemberg: Viele Menschen möchten gern schlagfertiger sein. Nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Job oder im Alltag. Kann man Spontaneität und Schlagfertigkeit überhaupt lernen?
Ralf Schmitt: Man kann lernen, mit ungewohnten Situationen entspannter umzugehen, und man kann trainieren, auf unerwartete Momente auf der Bühne oder in Präsentationssituationen angemessen zu reagieren. Ich arbeite immer mit einem Zitat der Psychologin Ruth Cohn in meinen Seminaren. „Jeder Plan muss falsch sein, da nie alle Faktoren bekannt sein können.“ Gute Vorbereitung, gepaart mit spontaner Entspanntheit bringt die besten Ergebnisse. Ich nenne das „Navituition“.
Moderatorenschule Baden-Württemberg: In Deinem Buch erzählst Du von der Kunst, aus dem Bauch heraus zu handeln. Welche Fähigkeiten muss ich besonders trainieren, um spontaner zu werden?
Ralf Schmitt: Ich halte folgende Fähigkeiten für die Schlüsselkompetenzen zum entspannten Handeln: Mit „Ja“ auf die Situation reagieren, mögliche Fehler zulassen. Da die Situation ungeplant ist, kann es auch mal nicht perfekt laufen und im Moment sein. Das bedeutet, dass ich auf die Situation mit meinen im Augenblick vorhandenen Mitteln reagiere.
Moderatorenschule Baden-Württemberg: Wie wichtig ist Humor?
Ralf Schmitt: Ein humorvolle Einstellung hilft weiter. Mir geht es nicht darum, witzig zu sein, sondern eine gesunde Distanz zum Geschehen aufzubauen, um dann adäquat zu reagieren.
Moderatorenschule Baden-Württemberg: Oft passieren auf der Bühne Dinge, mit denen man nicht rechnet. Die Powerpoint oder das Mikro fällt aus? Wie reagiere ich schlagfertig?
Ralf Schmitt: Mein Tipp ist in diesem Fall, die Störung nicht herunterzuspielen, sondern, da es sowieso alle mitbekommen haben, sie offensiv zu klären und anzusprechen. Dabei hilft Humor und die Distanz zur Störung.
Moderatorenschule Baden-Württemberg: Wie kann man Spontaneität trainieren?
Ralf Schmitt: Ein kleine Übung ist das Assoziieren. Funktioniert folgendermaßen: Ich starte mit einem x beliebigen Begriff aus meiner Umgebung. Bei mir steht gerade ein Milchkaffee, mit ihm bilde ich eine Assoziationskette:
Milchkaffee – Paris – Eifelturm – spitz – Schwert – Mittelalter – Nürnberg – Versicherung – Allianz – Arena – Rot – Coke – Zero – Promille – usw.
Dabei trainiere ich assoziatives Denken und bereite mich spielerisch auf ungewohnte Situationen vor. Diese – und andere – Übungen findet man übrigens auch in meinem Buch.
Moderatorenschule Baden-Württemberg: Was tun Sie, wenn Sie bei einem Vortrag, einer Rede, einer Präsentation von jemandem massiv gestört werden?
Ralf Schmitt: Ich versuche erst einmal herauszufinden, wer stört. Dann spreche ich die Person konkret darauf an. Ich isoliere den „Störer“. Meiner Erfahrung nach wird er ab diesem Augenblick schweigen. Niemand steht gerne im Focus.
Moderatorenschule Baden-Württemberg: Wie machen Sie das?
Ralf Schmitt: Das mache ich meist mit einer Frage: ‚Ich sehe, Sie unterhalten sich – was möchten Sie beitragen?’ Ich begebe mich damit in die Führungsrolle. Das habe ich übrigens in der Moderatorenschule Baden-Württemberg bei Nicole Krieger gelernt: Wer fragt, führt!
Moderatorenschule Baden-Württemberg: Und was machen Sie, wenn Sie vom Publikum angegriffen werden?
Ralf Schmitt: Auch bei einem Angriff kontere ich mit einer Frage. Wenn mir jemand sagt, ihm habe meine Präsentation nicht gefallen, frage ich, was er an meiner Stelle gemacht hätte, was ihn genau gestört hat und was ich besser machen kann.
Moderatorenschule Baden-Württemberg: Das klingt sehr gelassen…
Ralf Schmitt: Ja, wie schon gesagt: Ich lasse Fehler zu. Meine und die der anderen.